10. November 2021 – Prof. Dr. Jan Lohl
»Leistungen unserer Vorfahren«? – Zur Kritik des Rechtsextremismus aus
transgenerationaler Perspektive
19:30: Universität zu Köln, Hörsaal A1, Universitätsstraße 35, 50931 Köln.
Facebookevent: https://www.facebook.com/events/2004190479739048/
Im rechtspopulistischen Geschichtsdiskurs der Gegenwart finden sich – mal mehrmal
weniger deutliche – Erlebnisangebote, die Angehörigen der NS-Funktionsgeneration zu
heroisieren: Gesprochen wird von den ehrenwerten „Leistungen unserer Vorfahren, die (…)
für die Freiheit gekämpft hätten“ (Festerling), den „Leistungen deutscher Soldaten in zwei
Weltkriegen“ (Gauland) oder den „großartigen Leistungen der Altvorderen“ (Höcke). Vor
diesem Hintergrund fragt der Vortrag nach der Bedeutung nationalsozialistischer
Gefühlserbschaften für die Entwicklung rechtsextremer Orientierungen bei Enkeln von NSTätern
und Mitläufern. Hierbei wird zunächst die affektive Integration vieler Deutscher in die
NS- „Volksgemeinschaft“ und der psychische Umgang mit dieser Integration nach 1945
rekonstruiert. Deutlich werden soll, dass völkische Identifikationen ebenso wie
antisemitische und rassistische Feindbildungen nach 1945 bei vielen »NSVolksgenoss_
innen« nicht wirkungslos geworden sind. Vermittelt über transgenerationale
Tradierungen wirken sie in den Familien von Tätern, Mitläufern und Zuschauern der NSVerbrechen
– oftmals unbewusst – bis in die Gegenwart hinein nach. Von erheblicher
Bedeutung für diese Nachwirkungen sind autoritäre Sozialisationsprozesse sowie die NSErziehungsideologie,
die eine psychische Bemächtigung der Kinder sowie Härte und
Verachtung gegenüber ihren Anliegen und Bedürfnissen forderte und noch lange nach der
NS-Zeit die Beziehung von Eltern und Kindern mitbestimmte.
Anschließend greift der Vortrag die Entwicklung rechtsextremer Orientierungen in dieser
Generation auf: Anhand ausgewählter Forschungsergebnisse wird deutlich, dass
Sozialisationsprozesse in rechten Gruppierungen nationalsozialistische Gefühlserbschaften
aufgreifen, umdeuten und handlungswirksam werden lassen.
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Arbeitsgemeinschaft Köln
Prof. Dr. Jan Lohl, Sozialwiss. und Supervisor (DGSv), Professor für Erwachsenenbildung
und Leiter des Institutes für Fort- und Weiterbildung an der Katholischen Hochschule Mainz.
Arbeitsschwerpunkte: Psychoanalytische Sozialpsychologie, Psychoanalyse und qualitative
Forschung, Beratungsforschung und Organisationsanalyse, Rechtsextremismus- und
Generationenforschung.
Eine Veranstaltung im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus Köln. Veranstaltet von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG Köln, dem Bündnis gegen Antisemitismus – BgA Köln, dem AStA der Universität zu Köln. Unterstützt von der Amadeu Antonio Stiftung.